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Gebrauchtboote kaufen

 



Gebrauchtboote kaufen

von Marian Gunkel und Thomas Haverkamp

Faltboote sind, genau betrachtet, unsterblich. Das Gerüst hält bei nur leichter Pflege mehr als 2 Generationen, PVC-Häute erreichen z.T. auch ein Alter von mehr als 45 Jahren (v.a. die alten aus den 50ern und 60ern). Durch den modularen Aufbau eines Faltbootes kann man auf einfache Weise gebrochene, defekte Teile ersetzen und dem Boot zu einem neuen Leben verhelfen.
Deshalb sind Faltboote aus zweiter Hand so interessant. Sie sind kostengünstig, mit weniger Skrupel zu reparieren, weiterhin jahrelang nutzbar, z.T. sogar historisch wertvoll.
Gerade in Ostdeutschland, wo Poucher Boote zu Tausenden gekauft und genutzt worden sind, ist der Gebrauchtbootmarkt kaum zu übersehen. Worauf man bei Booten aus zweiter Hand achten muss, verrät der folgende Artikel.

 

Das Wie und Wo der Bootsbeschaffung

Neuboote lassen sich sowohl beim Hersteller selbst - also Poucher Boote GmbH - als auch bei diversen Händlern kaufen. Bei einem Messekauf lassen sich einige Prozente sparen: Messerabatt, Barzahlrabatt etc.
In Kürze werde ich hoffentlich eine Liste der deutschen Pouch-Händler veröffentlichen können.

Gebrauchtboote können u.a. über die folgenden "Kanäle" ausfindig gemacht werden:

  • Internet
    An erster Stelle bieten sich hier natürlich die Kleinanzeigen von faltboot.org an. Aber auch bei der Zweiten Hand, Berlin, finden sich häufig Gebrauchtboote (leider muss man sich dort für die Telefon-Nummern der Anbieter gebührenpflichtig anmelden oder die Papierausgabe kaufen).
  • Anzeigenzeitungen
    z.B. Heisser Draht, Such&Find, Zweite Hand, ...

  • Händler
    Viele Händler bieten neben Neubooten auch Gebrauchtboote an, man muss nur nachfragen: z.B. Kanu-Connection (Berlin), ...
  • Vereine
    Gerade in Ostdeutschland scheinen die goldenen Zeiten vorbei zu sein, in denen man bei einem Kanu-Verein für einen Hunderter einen RZ 85 bekam. Trotzdem gibt es noch hunderte alter Faltboote, die in Vereinshäusern lagern. Vereinseigene Boote sind oft leichter zu erwerben, da für die neuen seelenlosen Plasteschüsseln der Vereinsmitglieder Platz geschaffen werden muß, den die alten Faltboote einnehmen.
    Boote von Privatpersonen sind schwerer zu bekommen: oft sind Adressen der Besitzer nur aufwendig herauszubekommen, oft wollen sich die Besitzer nicht von den alten Booten trennen. Bei "Schätzen" wie den alten KTW-Pouch-Booten, einem KS75 oder WEZ 80 lohnt sich Hartnäckigkeit.
  • Bei Opa auf dem Dach
    Oft verbergen sich wahre Schätze auf Dachböden. So mancher kann Geschichten davon erzählen, wie durch Zufall ein Faltboot bei Oma, Opa oder wem-auch-immer auftauchte.
  • Verwandte und Bekannte
    Oft haben sich diese in der Vergangenheit ein Faltboot angeschafft und sind dann später doch lieber mit dem Auto weggefahren. Fragen lohnt sich! Ich habe z.B. mein erstes Faltboot Kumari, einen RZ-85-Exquisit mit Elefantenhaut, vom Vater einer Kommilitonin geschenkt bekommen...
  • Sperrmüll
    Ja, es gibt Leute, die völlig funktionstüchtige Faltbootauf den Sperrmüll werfen. Und es gibt andere Leute, die immer wieder mal ein Faltboot auf dem Sperrmüll finden. Augen auf und fix sein!

Der Kauf - was will ich haben?

Wichtig ist es, sich selbst zu seinen Ansprüchen/Paddelzielen/Fertigkeiten zu befragen:

  • Wo will ich mit dem Boot hin?
    Fernreisen, Nahziele, Flusstouren, Meer, ...
  • Mit wem will ich paddeln?
    Allein, in einer Gruppe, mit Kindern, nur mit der/dem Liebsten?
  • Wieviel will ich ausgeben?
    Hält die Urlaubskasse den Kauf eines Bootes aus? Lohnt es sich, ein sehr billiges, aber schon arg mitgenommenes Boot zu kaufen, das dann in 3 Jahren ersetzt werden muss?
  • Bin ich Bastler?
    Mit viel Zeit und Bastlergeschick lassen sich stark gebrauchte Boote wieder in einen fahrbaren Zustand versetzen. Manchmal kann sich aber auch ein Schnäppchen als Loch ohne Boden erweisen. Im Zweifelsfall lohnt sich durchaus ein teureres, aber besser erhaltenes Boot.

Preisvergleich und Informationsbeschaffung

Ein Gefühl für die Preise bekommt man, indem man die Kleinanzeigen im WWW und in Anzeigenzeitungen studiert. Vor einigen Jahren lagen die Preise für einen RZ 85-3 noch bei ca. 500-700 DM, mittlerweile ist die 1000 DM-Grenze überschritten.
Bevor man sich blind über eine Annonce für ein Boot entscheidet, sollte man sich immer das
Boot anschauen. Es lohnt sich, vorher in einem Bootsladen die derzeitigen Neuboote zu inspizieren, um dann besser vergleichen zu können.
Gefällt mir, was ich sehe? Gefällt mir die Verarbeitung? Ein Probepaddeln ist immer noch die beste Methode, um herauszufinden, ob das Boot wirklich überzeugen kann.
Wie sitzt Du im Boot?
Wenn es nicht ganz passt, keine Sorge: man kann sich einfach eine alternative Rückenlehne basteln.
Vorsicht vor Typenangaben in Annoncen: was dort als RZ 85 angeboten wird, stellt sich vielleicht als Kolibri, Taimen oder anderes heraus.
Das Boot solltest Du am besten mit dem Vorbesitzer zusammen ab- und aufbauen. So stellen sich eventuelle Brüche, Mängel an der Haut schneller heraus. Auch ein Boot, dessen Gerüstteile nicht zusammenpassen, weil sie aus verschiedenen Booten zusammengefügt worden sind, lässt sich so identifizieren.
Du solltest Dich nicht zu sehr in das Boot verlieben, vielleicht gibt es das selbe billiger anderswo.

Worauf sollte man ausserdem achten?

  • Nähte
    Ältere Poucher Boote verrotten gern an der Naht zwischen Deck und Haut. Dies ist z.T. der zeitweise schlechten Materialqualität geschuldet. Aber auch ein Auseinanderbauen und Lagern der feuchten Haut kann schnell zum Stocken, Schimmeln und Verrotten des Obderdecks führen. Achte also darauf, dass am ganzen Boot Oberdeck und Haut miteinander verbunden sind. Gibt es Stellen, an denen repariert wurde?
  • Hautoberfläche
    Fast jede Hautunterseite hat im Bereich der Bodenleiter und der Senten Abschürfungen. Oberflächliche Kratzer sind zu vernachlässigen. Vorsicht bei Abschürfungen, die bis auf das Baumwoll-Kerngewebe gehen! Hier sollte ein Kielstreifen aufgeklebt/geschweisst werden.
    Gibt es Flicken auf der Haut? Wie gross, wieviele? Sind sie noch fest oder lösen sie sich? "Fachmännisch" geklebte oder geschweisste Flicken sind völlig okay. Eventuell solltest Du die Ecken und Kanten abschrägen und nochmals kleben/schweissen.
  • Kleben die Kielstreifen noch?
    Meist sind die Kielstreifen aufgeschweisst, sollten sich also nicht lösen. Eventuell die Ecken nachkleben. Aufgeklebte Kielstreifen können sich eher lösen, Obacht.
  • Wie sitzt die Haut auf dem Gerüst?
    Liegen die Nähte auf dem Gestänge? Falls die Naht sehr schief sitzt, kann das Boot evtl. einmal schlecht aufgebaut worden sein und hat im nassen Zustand diese schiefe Form angenommen. Dies hat negative Auswirkungen auf das Auf- und Abbauen sowie das Fahrverhalten.
  • Wann wurde das Boot zuletzt auseinandergenommen?
    Bei sehr alten Booten, die jahrelang aufgebaut gelagert worden sind, können sich einige Verbindungen festgesetzt haben. Also Augen auf beim Abbau/Aufbau.
  • Wie wurde es gelagert?
    Aufgebaut: lag es flach oder auf zwei Trägern, die das Gerüst verändert haben? Lag es trocken?
    In Packsäcken: Lag es trocken? Hatten Mäuse Zugriff (kein Scherz)?
  • Verbindungen
    Sind die Gerüstverbindungen verbogen (z.B. Flügel an der Bodenleiter, Schrauben an den Spanten)? Hat sich jemand einmal "verbastelt" und wichtige Teile zerstört?

Bootskauf ist eine Kunst. Eigentlich ist es ganz einfach, auch wenn die obige Liste imposant aussieht. Wenn Du Deinen gesunden Menschenverstand behältst, Dich nicht drängen lässt, wirst Du kaum einen Fehler beim Bootskauf machen. Und wenn doch, kannst Du es ja wieder verkaufen ;-).

 

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Marian Gunkel, 20.02.2000